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Wie man inklusive Meritokratien aufbaut

Der Aufbau einer meritokratischen Organisation erfordert strategische Ansätze, die Vielfalt, Chancengerechtigkeit und Inklusion (DEI) in jede Phase des Talentmanagements integrieren. Eine echte Meritokratie bedeutet nicht nur, individuelle Leistung zu belohnen – es geht darum sicherzustellen, dass alle Menschen faire Chancen haben, ihre Leistung zu erbringen und damit den Organisationserfolg zu maximieren. Dies erfordert eine ehrliche Auseinandersetzung mit systemischen Ungleichheiten und gezielte Massnahmen, um diese zu überwinden.

Organisationen, die DEI priorisieren, sind besser positioniert, um Spitzentalente zu gewinnen, Leistungsträger:innen zu halten und eine Kultur nachhaltiger Exzellenz zu fördern. Dies erfordert ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Leistungsanerkennung und Empathie durch eine “inklusive Meritokratie”, die sowohl individuelle Exzellenz als auch kollektiven Erfolg wertschätzt.

Inklusive Meritokratie liegt im Interesse aller. Sie schafft gemeinsame Grundlagen, wird als fair wahrgenommen, erhöht die Loyalität, erweitert den Talentpool und ermöglicht es Organisationen, die “beste Person für die Stelle” zu finden.

Die Grundlagen für Meritokratie schaffen

Organisationen, die langfristig transparente, werteorientierte und sinnvolle DEI -Bemühungen aufrechterhalten, werden nicht nur Vertrauen (wieder)aufbauen, sondern sich auch als bevorzugte Arbeitgeber in einem zunehmend vielfältigen und umkämpften Arbeitsmarkt positionieren. Alle Unternehmen sehen sich mit einer gewissen Diskrepanz zwischen den angestrebten DEI -Zielen und den konkreten, gelebten Erfahrungen einer vielfältigen Belegschaft konfrontiert, was einen strategischen Wandel hin zu wirkungsvolleren und messbaren Interventionen erforderlich macht (Hunt et al., 2023).  

Inklusive Meritokratie sieht für jede Organisation anders aus: Sie müssen die Kultur, die Herausforderungen und vor allem die Bedürfnisse und Wünsche “Ihrer” Mitarbeitenden kennen.

Das bedeutet, schwierige Fragen zu stellen: Wissen Sie, was Verdienst für Ihre Organisation bedeutet? Dienen Ihre DEI -Bemühungen wirklich Ihnen und Ihren Mitarbeitenden, oder sind Sie nur Lippenbekenntnisse?

 

1. Die Bedeutung von “Verdienst” in Ihrer Organisation definieren

Stellen Sie sicher, dass ein klares, gemeinsames Verständnis davon besteht, was Verdienst bedeutet und wie es definiert wird, um den Ermessensspielraum von Führungskräften bei der Anwendung des Konzepts in Entscheidungen zu minimieren (Castilla & Benard, 2010).

Um das Paradox der Meritokratie anzugehen, sollten sich Organisationen darauf konzentrieren, transparente, verantwortliche und faire Systeme zu schaffen, die Gerechtigkeit und Inklusion über traditionelle Verdienstvorstellungen hinaus fördern.

Überprüfen Sie das aktuelle organisatorische Verdienstsystem auf Konsistenz, Transparenz und Produktivität im Hinblick auf seinen Beitrag zum Gesamterfolg. Hauptbereiche, auf die zu achten sind:

  • erforderliche Fähigkeiten und Verhaltensweisen, insbesondere für Kader- und Führungspositionen
  • Leistungs- und Verhaltensmassstäbe
  • Kriterien, die Talente erfüllen müssen, um als «High Potentials»  zu gelten und sich für Entwicklungsprogramme zu qualifizieren
  • Kriterien, die Mitarbeitende und Führungskräfte erfüllen müssen, um belohnt und befördert zu werden
  • Anreize und Belohnungen  

 

2. Ihre Mitarbeitenden kennen

Analysieren Sie Ihre Mitarbeitendenbasis auf sinnvolle Weise: Führen Sie ein externes und internes Benchmarking mit Ihren HR-Daten durch, um einen klaren Überblick darüber zu erhalten, wo Sie in Bezug auf Vielfalt stehen. Dies geht über die Bewertung der Geschlechts-, Alters-, Nationalitäts- und Bildungsstruktur Ihrer Mitarbeitenden hinaus und umfasst wichtige HR-Prozesse zur Beurteilung, ob diese verdienstorientiert sind. Beispielsweise sollten Organisationen interne Beförderungen nach Geschlecht, Nationalität, Bildung, selbstidentifizierter Herkunft oder Ethnizität und dem Anteil der Mitarbeitenden in jeder Kategorie verfolgen.

Geben Sie Ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit zur Selbstidentifikation: Die Erfassung sensibler intersektionaler Daten ermöglicht es Unternehmen, Lücken zu finden und zu schliessen, Lösungen an die vielfältigen Bedürfnisse ihrer Belegschaft anzupassen, ungelöste Konflikte zu identifizieren und Fortschritte beim Aufbau einer vielfältigen und inklusiven Kultur zu überwachen (Joan et al., 2020; Ryan & Briggs, 2019). Es hilft Ihnen auch, ausgrenzende oder diskriminierende Verhaltensweisen gegen Mitglieder bestimmter Gruppen frühzeitig zu erkennen. Transparente, intersektionale Daten verdeutlichen, welche Gruppen Fortschritte machen – und welche nicht.

In der Schweiz gibt es jedoch ein besonderes Hindernis bei der Erfassung intersektionaler Daten, das sich Ländern wie den USA nicht stellt. In der Schweiz klassifiziert das revidierte Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG) Informationen über Race oder Ethnizität, Behinderung und sexuelle Orientierung als besonders schützenswerte Personendaten, die einen höheren Schutz als gewöhnliche Personendaten erfordern (DSG, 2020). Solche sensiblen Merkmale können nur freiwillig, mit ausdrücklicher Einwilligung der Person und für einen klar definierten Zweck erhoben werden. Wir empfehlen, freiwillige Selbstidentifikationsfragen in Ihre anonymisierten Mitarbeitendenengagement–Umfragen aufzunehmen. Berücksichtigen Sie Fragen wie: “Mit welcher Geschlechtsidentität identifizieren Sie sich am besten?” “Welche der folgenden Optionen beschreibt Ihre Herkunft/Ethnizität am besten?” “Haben Sie eine Behinderung (d.h. körperliche, geistige, psychische, chronische Krankheiten oder Beeinträchtigungen)?”

 

3. Fortschritte messen und aus Fehlern lernen

Setzen Sie auf präzise und aussagekräftige Indikatoren, um den Fortschritt bei Inklusion messbar zu machen. Fördern Sie eine Unternehmenskultur, in der Inklusion fest in die Definition und Anerkennung von Leistung integriert ist. Die Verankerung von DEI-Indikatoren in bestehenden Bewertungs- und Steuerungsprozessen stärkt zusätzlich die Rechenschaftspflicht.
Statt Inklusion ausschliesslich als HR-Kennzahl zu betrachten, können Organisationen jede Einheit beispielsweise hinsichtlich Zusammenarbeit, Teamvielfalt und Bindungsraten über demografische Grenzen hinweg evaluieren. Solche integrierten Bewertungsansätze unterstützen kulturellen Wandel in grossem Massstab (Park et al., 2025).
Darüber hinaus ist es entscheidend, psychologische Sicherheit und Wohlbefinden zu fördern, damit alle Mitarbeitenden ermutigt werden, ihr Potenzial vollständig einzubringen.

Der St. Gallen Inclusion Index ist ein praxisorientiertes Instrument, das die Inklusion am Arbeitsplatz systematisch erfasst und in vier zentralen Dimensionen nachverfolgt: Authentizität, Zugehörigkeit, Perspektivenvielfalt und Chancengleichheit. Authentizität beschreibt, in welchem Ausmass Mitarbeitende das Gefühl haben, sie selbst sein und am Arbeitsplatz authentisch auftreten zu können. Zugehörigkeit erfasst, wie stark sich Mitarbeitende als Teil ihres Teams und der Organisation fühlen. Perspektivenvielfalt bezieht sich darauf, ob alle Mitarbeitenden ihre Meinungen und Ideen frei einbringen können, während Chancengleichheit bewertet, ob allen Mitarbeitenden faire und vergleichbare Möglichkeiten offenstehen.

Beziehen Sie alle Perspektiven ein, um die Bedürfnisse der Mitarbeitenden zu verstehen: Beginnen Sie damit, die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeitenden zu verstehen und Lösungen spezifisch auf sie zuzuschneiden (Galdiero et al., 2024). Was in anderen Unternehmen funktioniert, funktioniert möglicherweise nicht in Ihrem; was in anderen Länderkulturen funktioniert, passt möglicherweise nicht zu Ihrer lokalen Kultur. Führen Sie eine gründliche Organisationsanalyse mit verschiedenen Perspektiven durch, z.B. oberstes Kader, Vorgesetzte, Mitarbeitende, Kundschaft, Lieferanten usw., um Handlungsfelder zu bestimmen.

Kommunizieren Sie Fortschritte oder deren Fehlen: Messen und kommunizieren Sie Fortschritte gegenüber Ihrer Führung, Ihren Mitarbeitenden und darüber hinaus, wo relevant. Verbinden Sie KPIs wie eine “bessere Bindungsrate” oder “höhere Loyalitätsrate” mit eingesparten Einstellungskosten und verknüpfen Sie bewusst Fortschritte mit dem Business Case. Aber: Feiern Sie nicht nur Erfolge, sondern erkennen Sie auch Herausforderungen an. Eine glaubwürdige DEI-Geschichte hängt nicht nur vom Feiern der Erfolge ab, sondern auch von der Transparenz über Herausforderungen. Während Unternehmen befürchten mögen, dass die Offenlegung mangelnder Fortschritte ihr Image schädigen oder Kritik provozieren könnte, zeigt die Forschung, dass Transparenz tatsächlich die Glaubwürdigkeit stärkt. Wenn Organisationen offen über ihre Schwierigkeiten beim Erreichen von Vielfaltzielen sprechen, nehmen Interessengruppen ihr Engagement als authentischer wahr (Apfelbaum und Suh, 2024). Intern kann eine solche offene Kommunikation die Bindung der Mitarbeitenden verbessern und Innovation vorantreiben (Garcia Martinez et al., 2017). Diese Offenheit signalisiert Rechenschaftspflicht und baut Vertrauen bei Mitarbeitenden, Kundschaft und der breiteren Öffentlichkeit auf.

Kommunizieren Sie offen mit Ihren Mitarbeitenden über DEI-Fortschritte: Führungskräfte sollten auch interne Plattformen wie Town Halls nutzen, um wichtige DEI-Kennzahlen zu diskutieren, Input von Mitarbeitenden einzuholen und zu erklären, wie Feedback zukünftige Massnahmen prägen wird. Diese konsistente und transparente Kommunikation macht DEI zu einer geteilten, kontinuierlichen Praxis und nicht zu einer einmaligen Initiative. Wenn Führungskräfte die Schwierigkeit langfristiger DEI-Fortschritte anerkennen, demonstrieren sie Integrität und Widerstandsfähigkeit – Eigenschaften, die grössere Unterstützung von innerhalb und ausserhalb der Organisation inspirieren.