DEI im Jahr 2025: Eine einmalige Gelegenheit zum Handeln

Das Jahr 2025 markiert einen Wendepunkt für Diversity, Equity & Inclusion (DEI). Präsident Donald J. Trump hat drei Executive Orders erlassen, die DEI-Richtlinien in Unternehmen grundsätzlich als illegal und diskriminierend einstufen (Williams et al., 2025). Eine dieser Verfügungen trägt den bezeichnenden Titel “Wiederherstellung der Chancengleichheit und Meritokratie” – ein Name, der das politische Spannungsfeld rund um DEI treffend zusammenfasst.

Diese Anti-DEI-Massnahmen haben Auswirkungen weit über die USA hinaus. Sie beeinflussen politische Entscheidungen und Unternehmenspraktiken in anderen Ländern und prägen internationale Diskussionen über Fairness und Chancengleichheit (Ng et al., 2025).

Wie Unternehmen in der Schweiz reagieren werden, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehen. Während einige grössere internationale Unternehmen mit Sitz hier ihre DEI-Ziele (wie “Frauenquoten” in Führungspositionen) gekürzt oder ihre DEI-Richtlinien geändert haben (Aecherli et al., 2025), gehen andere auf Nummer sicher, warten ab oder verdoppeln sogar ihre DEI-Bemühungen (ebenda).

Aus Sicht der Mitarbeitenden sind die wirtschaftlichen Argumente für DEI nach wie vor überzeugend

Was wir wissen: Während Unternehmen zögerlich vorgehen, bleibt der Business Case für DEI aus Sicht der Mitarbeitenden weiterhin stark. Zum ersten Mal haben CCDI und Advance eine spezielle Mitarbeitendenbefragung zur Schweizer Arbeitskultur (Frühjahr 2025) durchgeführt, um Erkenntnisse zu DEI aus der Perspektive von Talenten zu gewinnen. An der Umfrage nahmen 608 Personen (472 Frauen, 130 Männer, sechs nicht-binäre Personen) aus grossen und mittelständischen Unternehmen und allen Hierarchie-Stufen teil. Die quantitative Analyse wurde durch qualitatives Feedback ergänzt, das mit über 430 Textkommentaren überwältigend umfangreich war – dies allein zeigt, wie relevant das Thema für die Mitarbeitenden ist.

Die wichtigste Schlussfolgerung: Talente aller Geschlechter halten DEI am Arbeitsplatz für unerlässlich. 93% der Befragten stimmen zu oder stimmen voll und ganz zu, dass DEI am Arbeitsplatz für sie wichtig ist. Betrachtet man die Antworten nach Geschlecht, sind es 97% der Frauen und 79% der Männer.

Was bedeutet es, sich für Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion (DEI) einzusetzen?

  • Vielfalt: Das Unternehmen strebt danach, eine Belegschaft aufzubauen, die hinsichtlich Geschlecht, Alter, ethnischer Zugehörigkeit, sozioökonomischem Status, kulturellem Hintergrund und Perspektiven etc. die Gesellschaft als Ganzes widerspiegelt. Dies wird durch die Einstellung und Förderung von Talenten mit unterschiedlichen Hintergründen sowie durch die Förderung unterrepräsentierter Gruppen erreicht (z.B. Schneider & Northcraft, 1999). 
  • Inklusion: Unternehmen, die sich für Inklusion einsetzen, möchten einen Arbeitsplatz schaffen, an dem sich jede:r wertgeschätzt fühlt und die Möglichkeit hat, das persönliche Beste zu geben. An einem inklusiven Arbeitsplatz werden die fundamentalen Bedürfnisse der Mitarbeitenden erfüllt: das Bedürfnis nach Zugehörigkeit – sich akzeptiert und in eine Gruppe integriert zu fühlen – sowie das Bedürfnis nach Einzigartigkeit – für die eigenen individuellen Eigenschaften und Beiträge anerkannt und geschätzt zu werden (Shore et al., 2011).
  • Chancengleichheit: In einem Unternehmen, das sich der Chancengleichheit verschrieben hat, sollte jede:r eine faire Chance zu Aufstieg und Entwicklung haben, unabhängig vom persönlichen Hintergrund. Dazu gehören das Erkennen und Beseitigen systemischer Barrieren, die Entwicklung transparenter Prozesse und die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse.

Die drei Konzepte wirken zusammen, wie die folgende treffende Analogie zeigt: Vielfalt bedeutet, zur Party eingeladen zu werden. Inklusion bedeutet, zum Tanz aufgefordert zu werden. Chancengleichheit bedeutet, dafür zu sorgen, dass jede:r über die Fähigkeiten und die Ausrüstung zum Tanzen verfügt.

Eine vielfältige Belegschaft allein reicht nicht aus – Mitarbeitende müssen sich auch in einem fairen Umfeld integriert und unterstützt fühlen, um sich entfalten zu können. Mit anderen Worten: Unternehmen müssen proaktiv inklusive Umgebungen schaffen, die es ermöglichen, die potenziellen Vorteile der Vielfalt zu nutzen (Holvino, Ferdman & Merrill-Sands, 2004).

 

Bedeutung von DEI für Mitarbeitende und wahrgenommenes Engagement des Unternehmens (Umfrage zur Arbeitsplatzkultur, 2025)1

1 Aufgrund mathematischer Rundung werden Werte von 0,5 und höher aufgerundet, während Werte unter 0,5 abgerundet werden. Daher kann die Summe in einer Abbildung manchmal 99% oder 101% ergeben.

Kluft von 38 Prozentpunkten zwischen wahrgenommener Bedeutung und Unternehmensengagement bei DEI

Zwischen der von Mitarbeitenden zugeschriebenen Bedeutung von Diversity, Equity & Inclusion (DEI) und dem wahrgenommenen Engagement ihres Unternehmens klafft eine Lücke von 38 Prozentpunkten. Zwar stimmen 61 % der Befragten der Aussage „DEI ist mir persönlich wichtig“ voll zu, doch nur 23 % sind der Ansicht, dass „ihr Unternehmen sich stark für DEI einsetzt“. Unternehmen sind daher gefordert, ihr Engagement für DEI zu intensivieren und/oder sicherzustellen, dass Mitarbeitende die Wirkung dieses Engagements in ihrem Arbeitsalltag tatsächlich spüren.

 

Fast zwei Drittel wünschen sich stärkere DEI-Initiativen

61% der Befragten stimmen zu oder stimmen voll und ganz zu, dass ihre Organisation ihre DEI-Bemühungen verstärken sollte. Unter ihnen sind 67% der Meinung, ihr Unternehmen solle insbesondere seine inklusive Unternehmenskultur ausbauen.

 

Wie die Mitarbeitenden die Intensität der DEI-Bemühungen des Unternehmens wahrnehmen (Umfrage zur Arbeitsplatzkultur, 2025)

Der deutliche Kontrast zwischen der persönlichen Bedeutung von DEI und der wahrgenommenen Unternehmensverpflichtung zeigt klar: Die DEI-Initiativen in Unternehmen haben noch Entwicklungspotenzial. Das Jahr 2025 bietet die Gelegenheit, Bilanz zu ziehen, unsere Massnahmen zu überdenken, inklusiver zu handeln und eine bessere Arbeitskultur für alle aufzubauen. Doch DEI ist nicht das einzige Schlagwort, das derzeit in aller Munde ist. Jede Diskussion über DEI in diesem Jahr muss auch das Thema Meritokratie einbeziehen, das 2025 in aller Munde ist.

 

Die (unnötige) Gegenüberstellung von Meritokratie und DEI

Warum ist es so wichtig, „Meritokratie“ in den DEI-Diskurs einzubeziehen? Meritokratie – ein System, in dem Leistung oder Talent darüber entscheidet, wer Positionen erhält und Belohnungen empfängt, sodass alle unabhängig von Geschlecht, Ethnie, sozialer Herkunft usw. die gleichen Aufstiegschancen haben – wird häufig als Gegensatz zu DEI dargestellt (Definition in Anlehnung an Castilla & Benard, 2010).

Einige Beispiele: Donald Trump argumentierte, DEI mindere „die Bedeutung individueller Leistung, Begabung, harter Arbeit und Entschlossenheit bei der Auswahl von Menschen für Jobs und Dienstleistungen“ mindere. Als Julie Sweet, CEO von Accenture, ein Memo verfasste, in dem sie viele der DEI-Richtlinien des Finanzriesen auf Eis legte, wies sie explizit darauf hin, dass „wir eine Meritokratie sind und immer waren“. Im Jahr 2024 prägte Alexandr Wang, Gründer des KI-Startups ScaleAI, den Begriff MEI: Merit, Excellence und Intelligence (Leistung, Exzellenz und Intelligenz) und erklärte, damit sei gemeint, „nur die beste Person für den Job” einzustellen, anstatt „Gewinner und Verlierer anhand der ‚richtigen’ oder ‚falschen’ ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts usw. auszuwählen.” MEI wurde von Elon Musk (CEO von Tesla) und Brian Armstrong, dem Gründer von Coinbase, gelobt (Jacobs, 2025).

Angesichts neuer Narrative, die infrage stellen, ob DEI-Massnahmen meritokratische Prinzipien stärken oder schwächen, nutzt der diesjährige Gender Intelligence Report die Gelegenheit, die Erfolgsfaktoren echter Meritokratien herauszustellen und zu zeigen, wie DEI und Meritokratie sich gegenseitig verstärken. Wir führen Sie durch die Kernprinzipien beider Ansätze, erläutern, wie Unternehmen mit langjährigem DEI-Engagement bereits die Werkzeuge haben, Meritokratie zu fördern, und zeigen, dass inklusive Führung der Schlüssel zu einer Organisation ist, in der jede:r faire Chancen auf Erfolg hat.